Test: High End Passiv-Kompaktbox amphion Argon3S

Top-Klang aus Norwegen

High End Passiv-Kompaktbox amphion Argon3S

Mit der Argon3S präsentiert das norwegische Audio-Unternehmen „amphion“ eine hochinteressante High End Kompaktbox im bezahlbaren Bereich. Ausgestattet mit einem üppigen Waveguide und einem Passiv-Membran Chassis auf der Rückseite hebt sich die geschlossene Box von üblichen Konzepten deutlich ab.
Das macht neugierig. Zumal amphion mit der Aussage „Die Argon3S bieten eine noch nie dagewesene Transparenz, lebensechte Abbildung, Präzision und Detailtreue“ richtig in die Vollen geht.
Holla, hier handelt es sich um ein Böxchen mit den Maßen eines größeren Schuhkartons, welches als Paar für knapp unter 3000 Euro gehandelt wird. Man darf gespannt sein…


Das Konzept

Die Amphion Argon3S ist eine geschlossene Zweiwege-Kompaktbox, welche mit einem 25 mm Titanium-Kalotten-Hochtöner und einem 17 cm-Aluminum Tieftöner ausgestattet ist. Dabei sitzt der Hochtöner in einer hornähnlichen Gehäuse-Vertiefung, dem sog. Waveguide.
Beide Chassis stammen vom renommierten Hersteller SEAS. Auch das lässt aufhorchen.
Ausgeprägt: Der Argon3S- Waveguide

Die Anwendung dieser Technik ist sicher ein kluger Schachzug, denn dem Waveguide spricht man außergewöhnlich positive Klangeigenschaften zu:
  • Optimale Ankopplung an den Tief- Mitteltöner (Die Weiche der Argon3S übergibt erst bei tiefen 1600 Hz an den Tief-Mitteltöner)
  • Verzerrungsminderung bei den oberen Mitten und Höhen
  • Vermeidung von Kantenreflexionen im Bereich der oberen Mitten/ unteren Höhen
  • Breiter und tiefer Sweetspot

Der Waveguide ermöglicht es zudem, die Lautsprecher-Zentren von Hoch- und Tieftöner exakt senkrecht übereinander zu legen. Dies führt zu einem akustischen Verhalten, welches die Treiber phasengleich abstrahlen lässt und somit eine Punktschallquelle mit all ihren klanglichen Vorzügen nachgebildet wird.

Die akustischen Zentren der beiden Chassis liegen exakt senkrecht übereinander (s. blau gestrichelte Linie)
Der Hörtest unterstrich die genannten Stärken des Waveguide-Konzeptes durch eine klare und präsente, aber entspannte und nie nervende Hoch- Mitteltonwiedergabe sowie einer frappierend räumlichen Abbildung, die auch noch deutlich neben dem Sweetspot ihren Charakter behielt.

Die nächste Besonderheit betrifft die Verwendung eines passiven Radiators (Passivmembran) anstelle eines Bassreflexrohres. Amphion verspricht sich davon einen „schnelleren“ Bass und erhöhte Klarheit im Mitteltonbereich.
Dank des Passivradiators soll der Lautsprecher des Weiteren bis 15 cm an die Rückwand platziert werden können, ohne den Klang zu beeinträchtigen.
Dies konnten wir im Test allerdings nur bedingt bestätigen. Ihre optimale Bass-Performance erreichte die Argon 3S bei uns mit einem Wandabstand von ca. 30 Zentimetern.

Die Rückwand mit dem Passiv-Membran Chassis

Auch nicht alltäglich, daher positiv zu bewerten ist der kleine Schalter an der Boxen-Rückseite, mit dem die Höhen im Klangbild um 1 dB abgesenkt werden können. Dies ist bei stark gedämpften Hörräumen prinzipiell eine sinnvolle Sache. Die Änderungsmöglichkeit von nur einem dB bewirkt in der Praxis jedoch nur denkbar wenig.

Gestaltung und Verarbeitung auf hohem Niveau

Die klare kubische Formgebung der Argon3S ohne jede Rundung erscheint zeitlos modern und dürfte sich vor allem in moderne Wohnlandschaften gut integrieren lassen. Zur Wahl stehen dabei die Lack-Ausführungen Black, Standard White, Full White sowie das Echtholzfurnier Walnut.
Die Membranen beider Front-Chassis sind durch stabile, dekorative Metallgitter geschützt. Eine überaus praktische und dabei sehr ansehnliche Lösung!

Dem Passiv-Radiator auf der Rückseite wurde jedoch kein Schutzgitter spendiert. Beim Transport oder Umstellen kann die empfindliche Passiv-Membran somit schnell einmal beschädigt werden. Mit geringem Aufwand hätte amphion sicherlich auch für einen rückseitigen Membranschutz sorgen können.
Sehr gut hat uns demgegenüber das Anschlussterminal mit den stabilen, griffigen und gut isolierenden Anschlussklemmen gefallen.

Außergewöhnlich: Das Terminal der Argon3S

Arg dürftig sind allerdings die kleinen Gummifüßchen auf der Unterseite geraten. Diese sind bestenfalls in der Lage, empfindliche Standflächen zu schützen. Eine entkoppelnde Funktion haben sie nur bedingt. Gewinde-Inserts zur Aufnahme von Spikes oder Absorbern hätten der Box deshalb gut gestanden.
Vergessen wir neben den kleinen Kritikpunkten aber nicht, die unglaublich hohe Verarbeitungsqualität der in Norwegen per Hand gefertigten Argon3S hervorzuheben. Egal in welcher Ausführung: Es ist geradezu eine Wohltat, diesen Lautsprecher im Detail zu betrachten oder anzufühlen.
Eine solche Ausführungsqualität ist schlicht und einfach Spitzenklasse!
Die Garantie von 5 Jahren ab Kaufdatum spricht darüber hinaus für sich.

Überzeugende Daten und Messwerte

Amphion empfiehlt Verstärkerleistungen von 50 bis 150 Watt für die Argon3S und gibt einen Kenn-Schalldruck (Wirkungsgrad) von 87 dB ohne Nennung der Bezugsspannung an. Unsere Impedanzmessung weist die Box nach DIN als klassischen 8- Ohm-Lautsprecher aus. Wenn wir davon ausgehen, dass der Kennschalldruck mit den damit erforderlichen 2,83 Volt als Bezugsspannung gemessen wurde, so stellen die 87 dB einen recht guten Wirkungsgrad dar.

Für den Maximal-Schallpegel von 100 dB in einem Meter Abstand, den die Box üblicherweise erreichen sollte, würde eine Verstärkerleistung von 25 Watt je Kanal ausreichen. Da sich Leistungsreserven aus verschiedenen Gründen als sinnvoll erwiesen haben, empfehlen wir in Übereinstimmung mit amphion Endstufenleistungen von mindestens 50 Watt RMS pro Kanal.

Die untere Grenzfrequenz, welche die Basstiefe bestimmt, gibt amphion mit 38 Hz bei -6dB an. Das ist ein für Kompaktboxen guter Wert. Man darf also von der Argon3S durchaus richtigen Tiefbass erwarten. Auch bei den Höhen schwächelt die Box nicht und reproduziert Frequenzen bis zu 25 kHz. Derartige Höhen liegen bereits weit außerhalb des menschlichen Hörvermögens. Trotzdem wirken sich hohe Werte der oberen Grenzfrequenz positiv auf das Auflösungsvermögen einer Box aus. Man ist mit der 3S also auch hier gut aufgestellt.

Der Impedanzverlauf zeigt sich sehr verstärkerfreundlich. Obwohl die Impedanzkurve aus Berg- und Talfahrten besteht, unterschreitet das Widerstandsminimum lediglich bei unbedenklichen 18 kHz die 4 Ohm-Marke. Da auch der Phasenverlauf absolut gutmütig ausfällt, stellt die norwegische Kompaktbox auch für wenig laststabile Amps kein Problem dar. Sogar Röhren mit mittlerer Leistung kommen als Spielpartner der Argon 3S in Betracht.

Impedanz- und Phasengang geben sich ausgesprochen verstärkerfreundlich

Der Klang

Die kompakte Argon3S sollte idealerweise in Räumen von etwa 15 bis 30 qm spielen dürfen. Obwohl sich die Box im Test als ausgesprochen Bassstark erwies, verliert sie in Hörräumen über 30 qm zunehmend an Souveränität und dynamischer Ausstrahlung. Bass-schwierige Räume mit ungünstigen Seitenverhältnissen und/oder betonharte, glatte Wände kommen dem Charakter der Box nicht gerade entgegen.
In passenden Räumen ist die Aufstellung der Lautsprecher dann allerdings unkritisch. Ein Abstand von etwa 30 cm von der Rückwand und mindesten 60 cm von jeder Seitenwand erwiesen sich im Test als beste Anordnung.
Durch den großräumigen Sweetspot performt die Argon3S je nach Hörgewohnheit parallel ausgerichtet oder leicht eingewinkelt optimal. Ein Hörabstand von 3 Metern zu jeder Box sollte jedoch nicht überschritten werden.

So eingerichtet ist es eine Freude, mit der kleinen Argon Musik zu hören. Ihr Grundcharakter zeugt dabei von Ehrlichkeit, Herzenswärme und Toleranz. Wir spielen „Let The Musik Flow“ von Allan Taylor. Die markante Stimme steht felsenfest in der Boxenebene, hat Ausdruck und „Brust“ und wird von einem erstaunlichen Bass unterstützt.
Bleiben wir beim Bass. Diese Tiefe und Fülle im Bass würde man der Minibox nie und nimmer zutrauen. Das Klangbild wird hiervon förmlich auf Händen getragen.
Antritt und Kontur sind akzeptabel, bestimmen aber nicht maßgeblich den Bass-Charakter.

Beim Jazz-Stück „Exactly Like You“ von The Ray Brown Trio Featuring Gene Harris stellt die Argon S3 das Piano lebhaft und in natürlichen Klangfarben dar, gibt dem Kontrabass den entsprechenden Stellenwert und arbeitet die Percussions sehr schön heraus. Die Differenzierung der Instrumente gelingt dabei vorzüglich, ohne in übermäßiger Analytik auszuarten. Das Ganze hat Schwung und Groove, verliert aber durch die deutliche Grundtonwärme des Klangbildes etwas an Realität.
Ganz klar: Die Argon3S lädt eher zum Träumen und genießen ein, denn zum Analysieren und Erbsenzählen. Trotzdem verschweigt die Box nichts, verzeiht aber kleine Unsauberkeiten in der Aufnahme und ist so auch für ältere, schmalbrüstige Produktionen eine genussvolle Wiedergabequelle.

Im weiteren Verlauf des Hörtests legen wir Ry Cooders LP- Direktschnit „I Think It‘s Going To Work Out Fine“ auf den Rega P6-Teller. Die Argon3S weiß auch hier mit einer runden, harmonischer Darstellung zu gefallen, wobei aber auch feindynamische Details in Cooders kraftvollem Gitarrensolo griffig präsentiert werden.
Bei allem Lob hätte man sich allerdings einen Schuss mehr Mittendynamik und Präzision in der Darbietung gewünscht.
Letztlich setzt sich bei den Tester*innen die Erkenntnis durch, dass die kleine Norwegerin eher das Herz als den Kopf anspricht. Gibt’s ein schöneres Kompliment?

Klangcharakter der Argon3S

Das nachfolgende Pol-Diagramm soll die klangliche Ausrichtung (die Abstimmung) der Box verdeutlichen. Die Klangqualität wird weiter unten (siehe „Bewertung“) differenziert dargestellt.

offen, durchhörbar X kompakt, verdichtend
realitätsnah, mitnehmend X warm, schmeichelnd
dynamisch, lebendig X relaxt, zurückhaltend
strukturiert, präzise X großzügig, rund
analytisch, informierend X musikalisch, emotional
differenziert, feingeistig X rockig, zupackend
hell abgestimmt X bassbetont abgestimmt

Fazit

Mit der amphion Argon3S erhält der Käufer eine hervorragend verarbeitete Kompaktbox, die nicht nur betörend gut aussieht, sondern auch wunderbar emotional klingt.
Getragen von einem satten Bassfundament überzeugt das leicht ins Warme tendierende Klangbild mit fein aufgelösten Details, angenehmen Höhen und natürlich-kraftvoll wirkenden Stimmen.
Die Daten und Messwerte weisen die Box als ausgesprochen verstärkerfreundlich aus, sodass auch mit erschwinglichen Transistor-Amps oder Röhrenverstärkern das klangliche Leistungspotenzial der Box abgerufen werden kann. Verstärkerleistungen von mindestens 25 Watt RMS pro Kanal sind jedoch für hohe Lautstärken Pflicht, optimal wären 50 Watt (oder mehr).
Die Argon3S sollte in Räumen von etwa 15 bis höchstens 30 qm betrieben werden, die möglichst bass-unkritisch sind.
Für Freunde entspannt-schmeichelnder Klänge hoher audiophiler Qualität stellt die amphion Argon3S über ihre Preisklasse hinaus ein verlockendes Angebot dar.


Deutscher Vertrieb: „audioconcept“ Klaus Herrmann, Frei-Laubersheim www.audioconcept.eu

Die Testboxen wurden freundlicherweise vom HiFi-Studio "Audio Connoisseur" in Wuppertal zur Verfügung gestellt. https://www.audio-connoisseur.de/

Technische Infos:
https://amphion.fi/products/argon3s

Preis: Boxenpaar 2.980,- €

Hiermit wurde getestet:
  • Verstärker: ABACUS 60-120D
  • LS-Kabel: Reason „single core“
  • Plattenspieler: Rega Planar 6 mit Musical Fidelity V90 LPS Phonovorstufe
  • HighRes-Player: iBasso DX 300
  • Vergleichsboxen: Buchardt Audio A500, PMC Twenty 5.22i

Bewertung

Das sollten Sie wissen
  • Alle Bewertungen orientieren sich ausschließlich am Qualitäts- Optimum der jeweiligen Produktgruppe (hier Passiv-Kompaktboxen) und stehen nicht in Relation zum Preis.
  • Die Preis-Leistungsbewertung wird gesondert erstellt und berücksichtigt neben der Produktqualität auch Ausstattungsumfang und besondere Produktmerkmale.
  • Die Klangbewertung wurde mit dem o.g.Test-Equipment durchgeführt basiert auf optimale Raum- und Aufstellungsverhältnisse


Praktischer Gebrauch (20 %)0,8
Ausführung und Verarbeitung0,8
Qualität der Ausstattung0,7
Handling0,9


Daten und Messwerte (10 %)1,0


Klang (70 %)1,2
Bass-Performance (x2)1,3
Neutralität/ Natürlichkeit (x2)1,4
Dynamamik1,5
Transparenz/ Differenzierung1,2
Räumliche Abbildung0,9
Gesangsstimmen und Sprache1,0
Detailauflösung1,2
Hochton-Qualität (x 0,5)0,9
Klang bei versch. Pegeln ( x 0,5)1,0
Individueller Klangeindruck (x2)1,3

Testergebnis

Klang:

1,2 (sehr gut)

Gesamt-Testurteil:

1,1 (sehr gut)

Preis-Leistung:

sehr gut



Bewertungsschlüssel
0,6 - 0,9ausgezeichnet
1,0 - 1,5sehr gut
1,6 - 2,5gut
2,6 - 3,5akzeptabel
ab 3,6verbesserungsfähig